Der Podcast zum Thema Psychotherapie
00:00:00: Hallo mein Name ist Dorthe Hodemacher und ich heiße dich herzlich Willkommen zu "Einmal freimachen, bitte!" - dem Podcast zum Thema Psychotherapie.
00:00:11:
00:00:26: "Der ist doch total gestört! Der sollte echt mal zum Psychologen gehen!"
00:00:32: Diese und ähnliche Sätze hört man der Welt da draußen ziemlich häufig und sie sind leider totaler Unsinn. Warum?
00:00:40: Erstens: Nur weil dich jemand stört, heißt das noch lange nicht, dass er unter einer psychische Störung leidet. Zweitens: wenn er tatsächlich unter einer psychischen Störung leiden sollte,
00:00:52: wäre er bei einem Psychologen damit ziemlich schlecht aufgehoben ... an der falschen Adresse,
00:00:57: Ein Psychologe kann nämlich nicht unbedingt Psychotherapie durchführen. Das ist ziemlich kompliziert, nicht wahr? Und weil das so kompliziert ist, nehme ich heute mal ein paar zusammenhängende Begriffe auseinander und grenze sie gegeneinander ab:
00:01:12: Die Psychotherapie, die Psychologie, die Psychiatrie, die Psychosomatik und am Ende noch als super extra Bonus die etwas exotische Psychoonkologie.
00:01:23: Psychotherapie. Hatte ich ja in der letzten Folge sehr ausführlich erklärt, was Psychotherapie alles ist bzw. ich hatte versucht, eine Definition zu geben, die möglichst viele Aspekte umfasst.
00:01:37: Kurz und knapp zusammengefasst ist die Psychotherapie die Behandlung psychischen Leids mittels Kommunikationstechniken und einer emotionalen Bindung zwischen Therapeut oder Therapeutin und Klientin oder Klient.
00:01:50: Wichtigste Voraussetzung, Grundbedingung für die Psychotherapie war ja erstens waren die Freiwilligkeit.
00:01:57: Jemand der also wirklich an sich subjektiv leidet,
00:02:01: an seinen Gefühlen, an seinen Gedanken an seinem Erleben, muss sich aktiv Hilfe suchen.
00:02:11: Sonst kann eine Psychotherapie nicht funktionieren und es muss ein ausreichend hoher Leidensdruck sein um wirklich Veränderung bewirken
00:02:20: zu können. Was man macht, wenn man einfach nur Lust hat,
00:02:23: seine eigene Psyche näher zu erkunden, dazu kommen wir dann in einer späteren Folge zum Thema Selbsterfahrung und vielleicht nehme ich Persönlichkeitsentwicklung da auch noch mit rein. Schauen wir mal.
00:02:35: Psychologie an sich ist eine empirische Wissenschaft. Das heißt, sie beschreibt und erklärt das Erleben und Verhalten des Menschen das Erleben und Verhalten des Menschen und seine Entwicklung im Laufe des Lebens
00:02:50: sowie alle dafür maßgeblichen inneren und äußeren Ursachen und Bedingungen. Also Psychologie stellt einfach nur die Frage.
00:02:59: "Wie wir finden wie entwickeln sich Menschen, wie erleben Menschen und warum und was hat darauf Einfluss?"
00:03:06: Ist eine empirische Wissenschaft, das heißt wie alle empirischen Wissenschaften
00:03:12: stellt die Psychologie Theorien auf untersucht diese experimentell und zwar mit klar definierten Methoden.
00:03:20: So dass diese Untersuchung auch alle wiederholbar sind und leitet daraus aus diesen Erkenntnissen dann Modelle ab.
00:03:30: Modelle über das Erleben, Erfahren und die Entwicklung von Menschen - psychische Prozesse eben.
00:03:39: Diese Methoden, die für die Untersuchungen und Experimente verwendet werden sind größtenteils mathematischer Natur
00:03:48: Statistik und Stochastik sind die wichtigsten Grundlagen der psychologischen Forschung. Das kennst du daher, dass du ganz oft wenn es in
00:03:58: journalistischen Berichten um psychische Phänomene geht, daws da Statistiken zitiert werden.
00:04:05: Doch es gibt auch ein paar qualitative Untersuchungsmethoden in der Psychologie, also eine bestimmte Art von strukturierten Interviews etc., aber das ist tatsächlich ein nicht so großer Anteil der Psychologie. Die Psychologie ist
00:04:20: nicht klar definiert als Naturwissenschaft oder Sozialwissenschaft oder Geisteswissenschaft, also sie hat Aspekte von allen dreien.
00:04:29: Und fusst auch in ganz weiten Teilen auf Anthropologie, der allgemeinen Wissenschaft vom Menschen.
00:04:37: Wenn jemand Psychologie studiert hat, dann kann er tatsächlich psychische und psychiatrische Erkrankungen in einem geringen Ausmaß diagnostizieren.
00:04:52: So ein bisschen finden die statt im Studium, aber nicht so sehr, dass er
00:05:00: vergleichbar ist mit dem Psychotherapeuten. Was ein Psychologieabsolvent auch nicht hat,
00:05:06: ist eine psychotherapeutische Ausbildung. Das heißt, er hat noch gar keinen Werkzeugkoffer.
00:05:11: Und auch diese ganze Selbsterfahrung, die man braucht um um die eigenen Gefühle von denen der Klienten
00:05:19: zu unterscheiden und die eigenen Denk- und Verhaltensweisen
00:05:23: zur Seite zu stellen um Fragen zu können "Ist das jetzt behandlungsbedürftig bei dem anderen nur weil es anders ist als bei mir oder nicht?", die hat jemand
00:05:32: durch ein Psychologiestudium noch gar nicht. Psychologen findet man in allen Bereichen der Gesellschaft wo es darum geht, entweder menschliches Verhalten zu beeinflussen,
00:05:46: oder zu verhindern, dass menschliches Verhalten beeinflusst wird.
00:05:50: Also beispielsweise in der Wirtschaft. Wirtschaftspsychologie, Börsenpsychologie wäre so ein Bereich. Die Börse ist ja letztendlich auch nur ein ein abstrakter Ort,
00:06:04: ein Bereich, in dem ganz viele Menschen gleichzeitig handeln,
00:06:09: und es gibt bestimmte Impulse in der Außenwelt die dazu führen, dass diese Menschen gleichzeitig ähnliche Handlungen vollziehen oder eben chaotisch gegenteilige,
00:06:19: entgegengesetzte Handlung vollziehen. Also Börsenpsychologie ist ein spannender Bereich.
00:06:25: In der Politik findet man aber auch viele Psychologen,
00:06:30: z.b. schauen wir mal in den Bereich Verkehrspsychologie, da geht es um die Frage "Wie kann man Menschen dazu ermutigen, sich weniger gefährlich im Straßenverkehr zu verhalten?",
00:06:44: das muss ja nicht immer mit Verboten und Bestrafungen geschehen, da gibt's ja wesentlich interessantere Möglichkeiten.
00:06:55: Also Verkehrspsychologie
00:06:57: ist ein Bereich, der grenzt natürlich auch an die Politik an weil Politiker immer wieder Experten brauchen, deren fachlich fundierten Vorschlägen sie folgen können oder
00:07:07: nicht folgen weil andere Belange.
00:07:11: vorrangig sind.Psychologen findet man darüber hinaus viel im Bereich Werbung und Marketing.
00:07:19: Da geht's eben mitunter darum, Menschen zu bestimmten Kaufentscheidungen zu ermutigen oder auch benutzen wir mal das Böse M-Wort: zu manipulieren.
00:07:35: Ja, also wenn es jetzt um Verpackungsgestaltung geht, zum Beispiel da gibt's phychologische, neurowissenschaftliche Aspekte, die da immer wieder,
00:07:44: auch tatsächlich sich verändern und eine große Rolle spielen,
00:07:50: wenn es darum geht bestimmte Marken erfolgreich zu machen oder auch nicht. Also,
00:07:56: die tatsächlichen Einsatzgebiete von Psychologen wenn sie denn nicht in die Forschung gehen in der Forschung bleiben sind
00:08:03: sehr sehr weit gefächert und nur ein Bruchteil entscheidet sich für eine psychotherapeutische Zusatzausbildung. Am Ende dieser Ausbildung wäre,
00:08:14: man dann
00:08:15: in der Lage wäre man dann ein psychologischer durfte man sich Psychologischer Psychotherapeut nennen das ist ein geschützter Begriff, der eben nur Leuten erteilt wird die,
00:08:28: ein Psychologie Studium abgeschlossen haben und eine psychotherapeutische Ausbildung abgeschlossen haben. Psychiatrie.
00:08:37: Die Psychiatrie ist nicht nur ein Ort, sondern auch eine medizinische Fachrichtung,
00:08:46: und das ist natürlich der Witz also die Psychiatrie ist der Ort, das heißt die Krankenhausabteilungen oder die das Klinikum oder die medizinische Einrichtung, an der Psychiatrie praktiziert wird.
00:09:00: Genauso, wie man sich von der psychologischen Seite aus den psychischen Störungen annähern kann, widmen kann,
00:09:09: kann man das von der medizinischen Seite aus tun. Das hat historische Gründe und es hat aber auch, ja Gründe zweier verschiedener
00:09:19: Modelle vom menschlichen Funktionieren und Erleben. Also die Medizin, die Psychiatrie,
00:09:27: beschäftigt sich mit der Diagnostik, mit der Vorbeugung und der Behandlung von psychischen Störungen und aus Sicht der Psychiatrie spielen bei psychischen Störung immer
00:09:41: drei Bereiche mit rein:
00:09:44: Es ist ein Zusammenspiel von biologischen psychischen und sozialen Einflüssen. Biologische Einflüsse
00:09:53: auf die Psyche sind ganz klar, na ja z.b. Alters-, Entwicklungsstufen,
00:10:01: also die die menschlichen Biologie im Wandel des menschlichen Lebensalters, aber auch körperliche Erkrankungen oder hormonelle Ungleichgewichte.
00:10:12: Es gibt eben verschiedene Erkrankungen, die sich auf das psychische Erleben auswirken können, da kommen wir aber gleich noch drauf zurück bei der Psychosomatik
00:10:22: Psychische Einflüsse auf psychische, auf die psychische Gesundheit können z.b. ungesunde Denkweisen sein.
00:10:33: Wenn man jetzt in einer Gesellschaft oder in einer Familie auch wächst, die in sehr starkes
00:10:42: Schwarz-Weiß-Denken hat, ein sehr starkes Gut-Böse-Denken, es gibt manche Religionen, in denen das in den extremeren
00:10:52: Kirchen gelebt wird, es gibt aber auch eine charakterliche Neigung oder eine Persönlichkeitsstörung,
00:10:59: die in den Bereich "Es gibt nur richtig oder falsch unD gibt keine Grauzonen" gehen kanN. Wenn man in solchen Einflüssen aufwächst,
00:11:08: das einEM aber nicht entspricht, dann kann das das Denken so negativ beeinflussen,
00:11:17: dass man unter einem permanenten psychischen Stress ist und ja, das kann psychische Störungen
00:11:26: verstärken oder auch zum Hervortreten bringen wenn man dazu veranlagt ist.
00:11:33: Soziale Einflüsse auf psychische Störungen:
00:11:39: Nehmen wir mal ... also sozial heißt ja immer das direkte Umfeld, die Gesellschaft, die Familie,
00:11:46: die Menschen um einen herum mit denen man die Beziehung führt. Klassisches, ganz einfaches Beispiel: Homosexualität ist auch in Deutschland bis vor nicht allzu langer Zeit strafbar gewesen.
00:11:58: Wenn man Menschen aber verbietet, zu lieben, wen sie lieben,
00:12:02: dann hat das enorm negative Auswirkungen auf das Selbstbild, auf die Lebensführung, auf die Perspektive. Kann man sich vorstellen, also ich meine,
00:12:13: da hat man schon das Glück, sich in jemanden zu verlieben und dann darf man es nicht offen leben. Das ist sehr belastend für die Psyche. Genau,
00:12:22: also das wäre ein sozialer Einfluss. Soziale, psychologische und biologische Einflüsse auf psychische,
00:12:32: ich sag mal Prozesse.
00:12:34: Das Modell von der psychischen Störung ist nämlich so: Die allermeisten psychischen Störungen sind multifaktoriell bedingt.
00:12:43: Das heißt, müssen schon mehrere negative Einflüsse gleichzeitig zusammen kommen und ein gewisses Stresslevel da sein, damit eine psychische Störung überhaupt,
00:12:53: ausbrechen kann. Da kommen wir aber sicherlich im Laufe des Podcast noch mal ausführlich dazu.
00:12:59: Also Psychiatrie ist die medizinische Fachrichtung, die sich mit der,
00:13:04: mit der Entstehung, der Vorbeugung, der Diagnostik und der Behandlung beschäftigt. Behandlung - wichtiger Stichpunkt Psychiater sind diejenigen, die Psychopharmaka,
00:13:15: also Medikamente gegen psychische Störungen verschreiben können. Psychologische Psychotherapeuten
00:13:24: können, das dürfen das nicht. Nur Ärzte dürfen Medikamente verschreiben.
00:13:29: Die Psychiatrie ist ja so der Bereich, ein Bereich, der für viele Menschen mit ganz viel
00:13:38: Angst und Unangenehmem verbunden ist und wo man niemals landen möchte. Und
00:13:44: es gibt noch viele Vorbehalte gegen Menschen, die schon mal in der Psychiatrie gewesen sind. Das hat eine historische Bewandtnis - früher waren psychiatrische Einrichtung
00:13:55: lange Zeit in erster Linie Wegsperreeinrichtungen, also vor allem zu Zeiten, als man noch keine
00:14:04: so guten Möglichkeiten hatte, psychische Störungen zu behandeln und als man auch noch nicht wusste, wie schnell viele psychische Störungen auch wieder vorbei gehen und in den Hintergrund treten.
00:14:18: Da gab's auch einen hohen gesellschaftlichen Druck, Menschen mit psychischen Störungen einfach aus dem Alltag zu entfernen.
00:14:25: Das heißt, Psychiatrien früher waren Einrichtung, die in meistens in einer schönen Landschaft
00:14:33: gelegen waren und schön weit weg von den Ballungszentren und den Städten. Das ist heute alles überholt.
00:14:41: Freiheit ist einer der wichtigsten Grundsätze der Psychiatrie.
00:14:46: Das heißt auch in der Konsequenz: Patienten haben das Recht da drauf, die psychiatrische Behandlung abzulehnen.
00:14:54: Aber selbst bei den Patienten, die das nicht tun, ist die durchschnittliche Liegezeit in der Psychiatrie in Deutschland heutzutage liegt bei drei Wochen.
00:15:04: Also wer in eine Psychiatrie eingewiesen wird oder sich selbst dorthin begibt,
00:15:11: ist durchschnittlich nicht länger als drei Wochen da. Die Hauptpatientengruppen, die häufigste
00:15:21: Störung, die man in Psychiatrien findet, ist übrigens schlicht und einfach der Alkoholismus.
00:15:29: Und ein ganz wichtiger anderer
00:15:33: Anteil der psychiatrischen Erkrankungen sind auch noch die Demenzen. Was sind also beides würde ich sagen Erkrankungen wo man,
00:15:42: ja die Berührungsängste ruhig mal fallen lassen kann weil das ist jetzt nicht nicht,
00:15:50: ich weiß nicht, das, das wovor die meisten Menschen Angst haben ist ja eher so ein wahnhaftes Erleben, sowas gefährliches, so jemand, der "durchdreht" und dann plötzlich nicht mehr die Realität unterscheiden kann von
00:16:04: dem, was in deinem Kopf ist. Menschen die sich für Jesus halten oder so, das ist ein ganz ganz kleiner Anteil an psychiatrischen,
00:16:12: Fällen und auch das sind extrem
00:16:17: vorübergehende Phänomene. Also wie gesagt: Alkoholiker und Demenzen.
00:16:24: Die Psychiatrie hat einen relativ fließenden Übergang zur Neurologie. Das ist eine andere medizinische Fachdisziplin, die sich mit den Erkrankungen des Gehirns und des Rückenmarks befasst.
00:16:35: Warum ist das so,
00:16:37: weil man immer mal wieder für eine vermeintlich psychische Erkrankungen eine neurologische Ursache findet. Es gibt ja immer wieder enorme Fortschritte im Bereich der Medizin und dann passiert es eben
00:16:51: immer mal wieder, dass eine Erkrankung aus der einen Fachdisziplin in die andere rüber rutscht. Aber es gibt eben auch gerade bei den ersten Symptomen
00:17:01: eine große Schnittmenge zwischen psychischen und neurologischen Erkrankungen. Hirntumore,
00:17:09: Schlaganfälle, Demenzen etc. können eben auch als erstes sich in verändertem Verhalten oder Erleben äußern. Ein ganz klassisches Beispiel ist
00:17:22: bei älteren Menschen der Beginn,
00:17:25: also ich sage jetzt mal bei älteren Menschen eine leichte, eine milde Depression. Der Mensch zieht sich zurück,
00:17:33: er spricht nicht mehr so viel wie vorher, teilt sich anderen nicht mehr so mit über sein
00:17:40: Erleben und man kriegt vor allem mi, dass ein älterer Mensch, ja nicht mehr so viel Freude hat, und
00:17:47: irgendwie zurückgezogen wirkt. Und das kann entweder eine leichte Depression sein, es kann aber auch der Beginn einer Alzheimer-Demenz sein.
00:17:57: Das heißt: hier sind Psychiatrie und Neurologie zwei Fachdisziplinen, die gerade im Bereich der Diagnostik sehr eng zusammenarbeiten.
00:18:07: Psychosomatik hatte ich ja eben schon erwähnt. Psychosomatik ist sowohl eine medizinische Fachrichtung, als auch eine medizinische Betrachtungsweise.
00:18:19: Es ist nämlich so, dass Körper und Geist nicht voneinander getrennt sind im Sinne von.
00:18:29: In der Psychosomatik geht es um die Frage, inwieweit die Psyche Einfluss hat auf körperliche Symptome
00:18:39: Du kennst das selber. In einer akut beängstigenden, bedrohlichen Situation,
00:18:46: sagen wir du musst einen Vortrag halten, dann kennst du dass du feuchte Hände kriegst, bisschen Herzrasen, bisschen Angstschweiß bisschen,
00:18:57: schneller atmen musst und so weiter. Das ist so eine ganz klassische psychische Reaktion auf, ja Gefahr oder Bedrohung oder eben etwas, was Dir Angst einflößt.
00:19:11: Auch sowas wie Schmetterlinge im Bauch könnte man als ein psychosomatisches Symptom bezeichnen, also freudige
00:19:21: Gefühle,
00:19:22: die letztendlich auch viel mit Angst und Veränderung zu tun haben. Aber die Psychosomatik beschäftigt sich selten mit Schmetterlingen im Bauch. In der Psychosomatik geht es vor allem um die Frage,
00:19:34: inwieweit man bei einer Behandlung einer bestimmten körperlichen Erkrankung die Psyche mit
00:19:39: behandeln muss. Weil diese Erkrankung leichter wird oder tatsächlich auch verschwindet, wenn der psychologische Stress reduziert wird -
00:19:50: psychische Konflikte als auslösende Ursache
00:19:55: von psychosomatischen Erkrankungen. Als Psychosomatische Erkrankungen wären vor allem
00:20:01: Die sogenannten "Holy Seven" zu nennen - das sind sieben Krankheitsbilder, die man eben klassisch als psychosomatisch mitverursacht betrachtet.
00:20:11: Da sind einmal die Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn - die zieht man in diesem Fall zusammen weil es beides entzündliche Darmerkrankungen sind.
00:20:21: Da ist die Schilddrüsenüberfunktion, Bluthochdruck, Bronchialasthma, Rheumatoide Arthritis, Neurodermitis und Magengeschwür und Zwölffingerdarmgeschwür.
00:20:33: Und bei Magengeschwüren und Zwölffingerdarmgeschwür haben wir gleich ein sehr schönes Beispiel dafür, wie sich
00:20:42: die medizinische Wahrnehmung von bestimmten Krankheitsbildern ändern kann durch neue wissenschaftliche
00:20:48: Erkenntnisse. Man nämlich vor gar nicht allzu langer Zeit das Helicobacter Pylori entdeckt ein Bakterium, das
00:20:59: die allermeisten erkrankten von Magengeschwür und Zwölffingerdarmgeschwür nachweislich haben. Und wenn man das antibiotisch behandelt und das Helicobacter Pylori ausgerotteten diesem jeweiligen Patienten,
00:21:13: dann wird die schwuppdi verschwinden auch Magengeschwür bzw. Zwölffingerdarmgeschwür.
00:21:17: Das heißt, die psychische Ursache oder den psychischen Auslöser beim Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür vernachlässigt man mittlerweile. Das ist nicht mehr ein
00:21:32: Krankheitsbild, eine Diagnose, wo man jetzt dringend noch mal zu einer Psychotherapie rät.
00:21:40: Was ich in letzten Jahren immer häufiger höre, hinzukommend, sind einmal die Fibromyalgie -
00:21:47: das ist auch das sogenannte Weichteilrheuma, das ist eine chronische Schmerzerkrankung.
00:21:53: Da schaut man auch immer mit nach psychischen Ursachen und psychische Stressfaktoren. Und Bandscheibenvorfälle.
00:22:00: Bandscheibenvorfälle sind auch etwas wo man immer häufiger dann noch mal sagt "Also okay, wir können die körperlichen Symptome behandeln, aber wir müssen auch mal schauen, wo sind die Konflikte und die Stressfaktoren auf die Psyche."
00:22:14: Auch eine klassisch psychosomatische Erkrankung ist die Hypochondrie. Da läuft es aber genau umgekehrt. Jemand, der an Hypochondrie leidet,
00:22:24: hat keine nachweisbaren physiologischen organischen Erkrankungen,
00:22:31: ist aber aus psychischen Gründen in dem Glauben dass er eine,
00:22:37: und zwar meistens schwere schlimme chronische und extrem mit einer extrem negativen Prognose behaftete Erkrankung hat.
00:22:45: Hypochonder sind so Leute, die man super gerne in Film und Fernsehen lustig darstellt. Wer schon mal mit einem echten Hypochondrierankten gesprochen hat ,der findet das gar nicht mehr so lustig.
00:22:59: Okay, ich mag Monk, ich gucke gerne Monk, aber in der Realität ist es halt,
00:23:05: so lustig nicht. Du musst Dir vorstellen: Du glaubst, Du hast Krebs und niemand niemand kann was finden.
00:23:11: Du glaubst, Du wirst dement und alle sagen "Nö, da ist nichts." Diese Menschen
00:23:16: stecken mitunter sehr viel Geld in privatärztliche diagnostische Untersuchungen und es kommt nie was dabei raus und die sind aber überzeugt davon, dass mit ihnen was nicht stimmt weil sie das jeden Tag erleben, dass sie irgendwie ja total nicht in Ordnung sind.
00:23:31: Da ist ein ganz hoher Leidensdruck dahinter. Das ist etwas, was man psychotherapeutisch behandeln und begleiten muss.
00:23:41: Aber natürlich landen Hypochonder erst einmal im medizinischen System und es macht auch keinen Sinn, ihnen diese medizinische Behandlung völlig wegzunehmen,
00:23:52: weil sie eben diese. hohen Leidensdruck haben und diese absolute Überzeugung, dass sie eine körperliche Erkrankung haben.
00:23:59: Das heißt, deshalb gehört die Hypochondrie auch in den Bereich der Psychosomatik weil Hypochonder natürlich
00:24:06: eine Behandlung durch Arzt wünschen: Ja, genau. Und als besonderen Bereich habe ich dann noch die Psychoonkologie.
00:24:17: Onkologie ist ja die Wissenschaft vom Krebs, grob gesprochen,
00:24:22: Psychoonkologie ist eine medizinische Fachrichtung oder auch therapeutische Richtung, die sich
00:24:32: mit der Begleitung von Krebserkrankten befasst,
00:24:35: historisch gesehen war es in den 1980er Jahren so, dass eine Zeitlang die These einer bestimmten
00:24:44: Persönlichkeitsstruktur im Raum stand da hat man geglaubt, Menschen mit bestimmten Persönlichkeitszügen würden leichter an Krebs erkranken als andere weil ihre Psyche sozusagen den Krebs im Körper manifestiert.
00:25:00: Das ist Gottseidank vom Tisch, diese Idee weil es natürlich wie man sich vorstellen kann mit einem extrem hohen Leidensdruck einhergeht.
00:25:09: Stell dir, vor du bekommst eine Krebsdiagnose und vielleicht hast du auch noch Glück und es ist ein Krebs, der gut heilbar ist, aber dann sagt man Dir im nächsten Schritt:"Deine Psyche hat das gemacht. Also da müssen wir mal hin gucken,
00:25:23: wie deine Gedanken ausgelöst haben, dass du ein wucherndes Geschwür im Körper hast.
00:25:28: Die Beweggründe dahinter waren sicherlich die besten, also da war ganz sicherlich die Hoffnung, dass man vielleicht mit einer Psychotherapie vorab verhindern kann, dass Menschen mit dieser Persönlichkeitsstruktur dann Krebs entwickeln,
00:25:43: aber es hat sich eben wissenschaftlich nicht halten lassen, dieser Gedanke. Die Psychoonkologie gibt's immer noch und die befasst sich eben mit ganz anderen Dingen.
00:25:53: Und zwar, wie du dir vorstellen kannst, ist die Diagnose Krebs,
00:25:59: auch wenn es jetzt nicht irgendwie im weitesten Sinne selbst verursacht ist, wobei bestimmte Krebserkrankungen natürlich auch mit
00:26:09: einen Lebensstil was zu tun haben können, also sprich
00:26:14: Lungenkarzinom und Rauchen oder Hautkrebs und,
00:26:19: Solariumbesuche, da gibt's natürlich klare Zusammenhänge. Aber nicht jeder, der raucht kriegt ein Lungenkarzinom, nicht jeder der ins Solarium geht, kriegt ein Hautkrebs.
00:26:32: Aber das ist einer der Punkte in der Psychoonkologie, mit mit diesen Schuldgefühlen und dieser Frage "Habe ich mir das selbst angetan?" umzugehen. Aber dann natürlich auch mit
00:26:42: "Wie ist denn jetzt die Diagnose? Wie geht mein Leben weiter? Worauf ist überhaupt noch Verlass?
00:26:52: Wenn ich jetzt einen Krebs habe, der gut behandelbar ist und ausgeheilt ist, wie vertraue ich wieder da hinein, dass mein Körper nicht
00:26:58: plötzlich noch mal sowas produziert?" Und letztendlich bis hin zu der Begleitung von Sterbenden.
00:27:06: Das ist nicht nur in der Psychoonkologie einen Bereich, dass Menschen bewusst an einer Krankheit sterben, ganz klar, aber es ist eben
00:27:16: gerade bei Krebs eine relativ häufige Situation dass,
00:27:22: jemand, der anfängt, psychotherapeutisch mit jemandem zu arbeiten aufgrund dessen Krebsdiagnose ihn dann begleitet bis, ja bis in den Tod und auch die Angehörigen eben begleitet.
00:27:34: Also ich fasse noch mal zusammen, rückwärts: Psychoonkologie.
00:27:40: ist ein Bereich, in dem man sich mit der Krebserkrankung und ihren psychischen Folgen beschäftigt und Menschen mit Krebserkrankung begleitet. Psychosomatik ist die medizinische Betrachtungsweise von psychischen Einflüssen auf körperliche Vorgänge.
00:27:55: Da geht's um ganz klar umrissene Krankheitsbilder, die von psychische, Stress mit ausgelöst werden und die sich signifikant verbessern können dadurch, dass man die psychischen Konflikte mit behandelt und begleitet,
00:28:10: und Hypochondrie eben als Umkehrung des ganzen - der sozusagen eingebildete Kranke
00:28:17: aufgrund von psychischen Ursachen. Psychiatrie ist die medizinische Fachdisziplin, die sich mit der Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung von psychischen Störungen beschäftigt und Psychiater sind auch diejenigen die,
00:28:31: Medikamente zur Unterstützung, Begleitung von psychischen Störungen verschreiben dürfen und die Psychologie
00:28:41: ist die Wissenschaft, die empirische Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen im Laufe seiner Entwicklung und die inneren und äußeren Einflüsse darauf.
00:28:52: Psychotherapie ist die Behandlung psychischen Leids mittels Kommunikationstechniken und einer emotionalen Bindung.
00:29:01: Soviel zu der heutigen Folge zum Thema "Wer sind all die Psychos?" Ich habe also diese diversen Psychobegriffe mal aneinander gereiht und auseinandergenommen.
00:29:10: Gibt es Fachbegriffe die dir einfallen, die ich vergessen habe, die du auch gerne erklärt haben möchtest die, mit
00:29:16: "Psycho" anfangen oder von denen du glaubst, dass sie irgendwas mit Psyche zu tun haben und die hier nicht vorgekommen sind? Dann schreib mir gerne eine E-Mail an info@einmalfreimachenbitte.de
00:29:26: und dann freue ich mich dir diese Frage zu beantworten. Vielen Dank fürs Zuhören und bis ganz bald.
00:29:33: Music.
00:29:51: Hidden Track zufolge zwei. Falls du den Hidden Track zu Folge eins gehört hast, dann weißt Du: hier im Hidden Track geht es
00:30:00: darum, dass ich mein eigenes Messinstrument, meine eigenen Gefühle Eiche und kurz reflektiere. "Wie geht es mir denn heute mit diesem,
00:30:10: Podcastprozess oder wie geht es mir heute allgemein während ich diese Aufnahme hier mache." Ja,
00:30:18: ich bin ein bisschen genervt weil ich auch diese Folge nicht das erste Mal aufnehme. Es hat eben technische Probleme mit dem Mikro gegeben und ich hoffe, dass ich das dauerhaft in den Griff kriege
00:30:29: Weil ich ja immer auch Interviews führen werde oder teilweise auch schon geführt habe und meinen Interviewpartnern garantieren möchte, dass die Tonaufnahme dann die Qualität gut ist und wir das Interview nicht wiederholen müssen.
00:30:40: Ich bin auch ein bisschen genervt davon, dass das noch so trockene Inhalte sind. Als ich die Idee zu diesem Podcast hatte, hatte ich mir das Ganze.
00:30:50: nicht so fachlich vorgestellt. Es gibt gute Podcasts zu
00:30:56: psychologischen, psychiatrischen fachlichen Themen, die Krankheitsbilder erklären, die einzelne Interventionstechniken erklären und mir geht's ja eher darum, Therapiegeschichten zu erzählen bzw. dir ein Gefühl dafür zu geben.
00:31:11: Wie fühlt sich das an.
00:31:13: In der Psychotherapie zu sein. Also wie sehr liefere ich mich da jemandem aus, wie viel Verantwortung gebe ich ab, was kann ich erreichen, wie wie ist diese Art von, diese besondere Art von Beziehung,
00:31:25: Und klar - du kannst jetzt meine Stimme hören und weißt dass ich jemand bin, der diese besondere Art von Beziehung mit anderen Menschen führt und dafür auch zu haben bin.
00:31:33: Aber dass ich jemandem erkläre, was Psychosomatik ist, findet natürlich in der Psychotherapie bei mir selten statt. Also das ist so ein bisschen so ... ja ich weiß, ich muss erstmal Grundlagen legen und ich darf mich auch entlanghangeln an solchen
00:31:48: fachlichen Themen, aber eigentlich will ich hier auf was ganz anderes hinaus. Und Geduld ist auch nicht meine Stärke. Ja,
00:31:59: so ist das gerade und es ist ein spannender Prozess. Und ja.
00:32:07: "C'est ca!" - es ist wie es ist, ne. Ist auch ein Therapieklischee, zu sagen "Ja, dann ist das gerade so." Und ich weiß dass es einer der größten entlastenden Faktoren für meine Klienten ist, einfach gesagt zu bekommen
00:32:21: "Dann ist das gerade so."
00:32:24: "Muss ich das jetzt mal aushalten" ist mir schon z zu strengen. Nein, ich kann das anerkennen und ich darf mich darauf freuen dass ich ganz genau weiß: Es wird auch einfacher und
00:32:36: spannender ich weiß ja was ich noch vorhabe mit diesem Podcast. Also ja, danke dass du dir auch das angehört hast und bis bald.